Reise zum Ich - wie ich zu mir fand



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Unterwegs sind wir ja immer, das haben wir bereits festgestellt.

 

Oftmals wissen wir zwar nicht genau wohin, aber wir sind es.

Das Ziel ist immer: das "Ich".

Wir sind, egal auf welchem Weg wir uns gerade befinden, immer auch auf dem Weg zu uns selbst. Und wie jede andere Reise auch, kann diese Reise zu uns selbst unterschiedlich lange dauern, sie kann jede Menge Überraschungen für uns bereit halten, uns auf verschlungenen Pfaden zum Ziel führen.

 

Selten, ich möchte behaupten: fast nie kommen wir auf einer Abkürzung  schneller ans Ziel; vielmehr sind es die Umwege. Und oft sind die Umwege die besten Wege zum Ziel.


Ich war sehr lange schon auf dieser Reise, ohne es zu wissen.

Jahrzehntelang versuchte ich, irgendwie zu einem befriedigenden Leben zu finden, Zufriedenheit zu erlangen in dem was ich tat, und wie ich lebte.

Aber nie wollte sich dieses Gefühl einstellen, das man empfindet, wenn man restlos sorglos entspannt ist.

Ich schloss Schulen und Ausbildungen mit guten Ergebnissen ab, um mich dann sofort wieder etwas Neuem zu stellen. Ich war immer auf der Suche.

Die verschiedensten Jobs in unzähligen Arbeitsstellen konnten mich ebenso wenig zufrieden machen, wie die Partnerinnen, die ich während dieser Zeit hatte.

Ich strebte immer nach Wohlstand, den ich für einen Garanten von Zufriedenheit hielt. Und hatte immer finanzielle Probleme.

Kaum hatte ich einmal etwas Geld "übrig", leistete ich mir etwas, von dem ich dachte, ich bräuchte es.

Besitz = Status. Das war meine Idee vom Leben. Danach strebte ich - erfolglos meist.

 

Das einzige, was ich über die Jahre gewann, war an Körpergewicht.

Besonders die letzten zehn Jahre ließ ich mir üppiges Essen und reichlich kalorienüberladene Getränke schmecken.

Dann aber war ich widerum unzufrieden mit meiner Figur.

 

Nachdenken und In-sich-Gehen brachten mich zu der Erkenntnis, dass ich etwas tun müsse. So konnte es nicht weitergehen!

"Das Scheitern" (der Maler zerstört sein blaues Bild mit einem roten Pinselstrich - und schafft damit etwas Neues.)
"Das Scheitern" (der Maler zerstört sein blaues Bild mit einem roten Pinselstrich - und schafft damit etwas Neues.)

In dieser Zeit wuchs in mir die Idee, einmal den Jakobsweg nach Santiago de Compostella zu gehen.

Ich mochte die Idee, wieder einmal ohne all den Komfort zu sein, dem ich in meinem Alltag nicht "entkommen" konnte.

Ich fühlte mich wie in einem goldenen Käfig, und aus dem wollte ich ausbrechen.

Im Hinterkopf natürlich ständig die Gewissheit, wieder in diesen Komfort zurückkehren zu können.

 

Ich ging los - gegen den erbitterten Widerstand meiner Partnerin.

Und je länger ich auf dem Camino unterwegs war, desto bewusster wurde mir, dass ich überhaupt nicht mehr zurück wollte in den gewohnten, bequemen Alltag. Ich hatte sogar Angst davor, auch wenn mir anfangs noch nicht klar war, warum.


"Wer rastet, rostet!"

 

Wie wahr diese Sprichwort ist, konnte ich zuallererst körperlich spüren:

die Überquerung der Pyrenäen verlangte mir alles ab. Tränen, Erschöpfung, Wut auf mich selbst und etliche artverwandte Gefühle ließen mich fast verzweifeln. Doch ich schaffte es!

 

Mir wurde aber auch die tiefere Bedeutung dieses Sprichwortes bewusst:

Stillstand macht uns träge in jeglicher Hinsicht, Bewegung lässt uns wachsen. Manchmal über uns hinauswachsen.

 

Zukunftsängste, Bedenken, Unsicherheit kamen mir plötzlich lächerlich vor;

Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Bewusstheit der Selbstbestimmtheit, innere Ruhe wuchsen in mir.

Ich verstand plötzlich, warum ich Ängste hatte: ich lebte nicht im Jetzt!

Ich definierte mich über in der Vergangenheit Geleistetes, über Dinge, die ich besaß und wieder verlieren konnte. Ich machte mir Gedanken über die Zukunft, und bekam es mit der Angst zu tun, weil ich nicht wusste, was kommen würde.

 

Jeden Tag brachte ich viele Kilometer hinter mich und ließ jeden Tag wunderschöne Landschaften, liebe Menschen und tolle Erlebnisse zurück.

Ich lernte, dass es überhaupt keinen Sinn macht, Vergangenem nachzutrauern. Ich lernte loszulassen.

Und auch, dass Zukünftiges mir heute nichts anhaben kann, dass ungelegte Eier keine Eier sind, leuchtete mir mit einem Mal ein.

 

Wenn ich den Moment bewusst lebe, also ganz im Jetzt und Hier bin, dann existiert Angst nicht mehr.

(Eckart Tolle behandelt dieses Phänomen in seinem Bestseller: "The power of NOW", welches mir erst vor Kurzem in die Hand fiel, und das ich verschlungen habe.)

 

Bücher, welche ich bis dahin als spirituelle Quellen gar nicht in Erwägung gezogen hätte, öffneten nun meinen Horizont zusätzlich.

Bei ihrer Lektüre hatte ich so viele "Aha-Erlebnisse", so Vieles kam mir bekannt vor, von mir selbst schon gedacht, dass ich mich in meinen Erkenntnissen nicht nur bestätigt fand, sondern darin bestärkt, mein Leben zu ändern.


Mittlerweile, fast 3 Jahre nach meinem Pilgerweg bin ich 14 Kilogramm leichter. Ich nehme mich auch selbst leichter.

 

Ich bin in der Zwischenzeit auch den zweiten großen Pilgerweg in Spanien gegangen (die Via de la Plata), treibe Sport (im Fitnesscenter) und lebe mit einer Partnerin zusammen, die ich auf dem Jakobsweg kennen gelernt habe. Sie hilft mir, täglich weiter  zu wachsen. Dafür bin ich ihr von Herzen dankbar!

 

Ich lebe bescheiden, brauche nicht viel - ich lebe gesünder und besser!

 

Ich bin zufrieden.

 

Und ich weiss, dass mein Weg noch nicht zu Ende ist - und gehe ihn Tag für Tag neu und ohne Angst!

es geht immer, irgendwie!
es geht immer, irgendwie!