Larassoaña, Torres del Rio, Villafranca de Oca, Cardeñuela, Hornillos del Camino, Calzadilla de la Cueza...
Im Deutschen gibt es viele Ortsnamen.
Im Spanischen hingegen gibt es Ortsgedichte, Namen wie Romane.
Vielleicht liegt es an meinem faible für die spanische Sprache: Diese Namen klingen in meinen Ohren wie uralte und doch immer noch wunderschöne Musikstücke.
Zeitlos schön!
Die Namen gehören zu alten, von der Abwanderung der Jungen zum Aussterben verdammten kleinen und kleinsten Ortschaften.
Hineingestreut in eine Landschaft, die mich fasziniert hat, wie das Gemälde eines Alten Meisters.
Sprachlos steht und geht man in dieser Weite, die so endlos erscheint wie der amerikanische Westen.
Und nach Westen geht es auch.
Jeden Tag, jeden Schritt. Immer nach Westen. Den eigenen Schatten immer vor sich, durchwandert man die Dehesas in Navarra, die Weinfelder in der Rioja, die sanft gewellte Hochebene der Meseta. Immer geradeaus.
Nach Westen.
Diesen Weg gingen vor mir in den vergangenen Jahrhunderten schon unzählige Menschen aus den verschiedensten Motiven heraus. Und unzählige werden folgen. Man spürt diesen Strom von Menschenenergie deutlich, auch wenn man ihn nicht als solchen identifiziert. Denn ein Jeder, der hier unter Mühen einen Fuß vor den anderen gesetzt hat, immer dem großen Ziel entgegen, hinterließ etwas.
Und so ist es auch heute. Menschen aus aller Herren Länder streben auf diesen rund 2000 Jahre alten ausgetretenen Pfaden nach "Santiago unter dem Sternenfeld", und lassen etwas für die Nachkommenden zurück.
(Leider sind das allerdings nicht nur Energien, sondern auch Unmengen an Müll.)
So traf ich Pilger aus : Italien, Spanien, der Schweiz, Frankreich, Litauen, Slowenien, Belgien, England, Irland, Australien, den U.S.A., Japan, Kanada,
den Niederlanden, Schweden, Polen, Brasilien, Argentinien...
Eine unwahrscheinlich bunte Mischung von Pilgerinnen und Pilgern war in einer "babylonischen" Prozession unterwegs nach Westen. Ausser Afrika war jeder Kontinent vertreten.
Und alle verstanden einander.
Nun darf man sich diesen Pilgerstrom natürlich nicht wie eine geschlossene Prozession vorstellen. Zwar waren auch mehr oder minder große Gruppen unterwegs (meist Tageswanderer, denen das Gepäck nachgeliefert wurde), aber im Grunde ging jeder für sich allein.
Man traf sich , ging ein Stück Weg miteinander und trennte sich wieder.
Gespräche ergaben sich von selbst - und wenn man nicht sprechen wollte, dann sprach man eben einfach nicht.
Als Unhöflichkeit wurde das von den wenigsten Leuten empfunden, denn jeder kannte dieses Bedürfnis nach Stille aus eigener Erfahrung.