Via de la Plata : von Sevilla über Santiago de Compostela, Finisterre nach Muxía



Website Translation
die Via de la Plata
die Via de la Plata
Die Kathedrale von Sevilla vom Alcazar aus gesehen
Die Kathedrale von Sevilla vom Alcazar aus gesehen

Die Via de la Plata - 1000 Kilometer Spanien zu Fuß

 

 

Spätestens seit Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" ist der Jakobsweg für Viele ein Begriff. Und nicht Wenige haben sich seither auf den Weg von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela im Westen Spaniens gemacht.

Mittlerweile sind pro Jahr rund 145.000 Pilger auf dieser Route unterwegs, auf der Suche nach Herausforderung, Einsamkeit, Erleuchtung oder Ähnlichem.

 

Doch der klassische Jakobsweg, der Camino Francés ist nicht der einzige Fernwanderweg in Spanien, welcher zum Grab des Apostels in Santiago führt.

 

Die Via de la Plata, irrtümlich als die "Silberstrasse" übersetzt, ist eine Süd-Nord Route im Westen Spaniens, beginnend in Sevilla und über Zafra, Mérida, Cáceres, Salamanca und Zamora nach Santiago führend.

Von den Römern vor mehr als 2000 Jahren angelegt, bildet sie bis heute eine der wichtigsten Verkehrsachsen der Iberischen Halbinsel.

Rund 1000 Kilometer durch Andalusien, die Extremadura, Kastilien/León und Galicien - eine echte Herausforderung!

 

 

Die beste Zeit, diesen Weg in Angriff zu nehmen ist das Frühjahr.

Ende März hängen in Sevilla bereits die Zitronen an den Bäumen und vermitteln ein Gefühl von Sommer, tagsüber erreichen die Temperaturen schon gut 25 Grad.

Wenngleich es morgens zwar noch richtig kalt sein kann (um den Gefrierpunkt!), so ist das Frühjahr doch ideal für lange Wanderungen.

 

 

Und lang sind die Etappen auf der Via: Zwischen 25 und 40 Kilometer am Tag sind zu meistern.

Dabei ist es unerlässlich, auf richtige und angepasste Ausrüstung zu achten: Ein guter Rucksack (der für Wochen u.a. den Kleiderschrank ersetzen wird), hervorragendes Schuhwerk und Socken, schnelltrocknende Microfaserkleidung, Hut und Regenponcho gehören zur Grundausstattung. Ergänzt durch Sonnencreme und -brille, ein Trinksystem und unter Umständen einen Wanderstab summiert sich das Gewicht der Ausrüstung auf rund 8 Kilogramm. Dazu kommen die Verpflegung, Wasser, persönliche Papiere und ein Reiseführer, sodass am Ende gute 10 bis 12 Kilogramm getragen werden müssen.

 

 

Derart ausgestattet verlässt der Pilger Sevilla, das mit der größten gotischen Kathedrale, dem Alcazar (einer großartigen Anlage aus den Zeiten maurischer Herrschaft in Spanien) und unzähligen engen Altstadtgassen, mit seinem Gewimmel von Einheimischen und Touristen ein Highlight dieses Weges darstellt.

 

Bald schon führt die Via auf Wald- und Feldwegen durch menschenleere Dehesas, wo es sich freilebende Schweine, Kühe und Ziegen unter Kork- und Steineichen gut gehen lassen.

 

Die Rinde der Eichen findet sich übrigens als Korken in unseren Weinflaschen wieder, während die schwarzen Schweine als Serranoschinken auf unseren Tellern landen.

 

  

Tagelang geht es nun durch diese naturbelassenen Weidegründe in sanftem Auf und Ab Richtung Norden, wobei kleine Dörfer von Zeit zu Zeit willkommene Abwechslung in den Wanderalltag bringen.

Überhaupt ist jeder Tag von wiederkehrender Routine bestimmt.

06.30 Aufstehen, Morgentoilette, Aufbruch gegen 08.00. Nach 2 Stunden Marsch (= 8-10 km) Frühstück in einer Bar in einem Dorf am Weg, danach weitere zwei bis drei Stunden Wandern. Vesperpause irgendwo unter einem Baum, dann den Rest der Strecke bis zur Herberge. Dort wird die Kleidung gewaschen, man kauft noch Proviant für den nächsten Tag ein, und nach dem Abendessen geht man auch schon wieder ins Bett.

 

 

Nach einer Woche Einsamkeit, lediglich unterbrochen durch fast menschenleere Dörfer, die Namen tragen wie Castilblanco de los Arroyos oder El Real de la Jara gelangt man in Zafra wieder in die Zivilisation.

Doch die vielen Menschen, die Autos, der Lärm und der Geruch der Stadt sind schwer zu ertragen. Wie schnell man sich doch an die Stille, an die Ruhe in der Natur gewöhnen kann!

 

  

Durch Olivenhaine und Weinfelder geht es bei sengender Hitze und ohne Schatten weiter, bis man zwei Tage später in Mérida eintrifft, der Hauptstadt der Extremadura.

Bereits 25 v. Chr. von den Römern gegründet, geizt diese schöne Stadt bis heute nicht mit herausragender römischer Architektur.

Die knapp 800 Meter lange Puente Romano, das bis zu 6000 Menschen fassende Anfiteatro Romano oder das 25 Meter hohe und 830 Meter lange Acueducto de los Milagros (Wunderaquädukt) zeugen von den großen Fähigkeiten jener frühen Baumeister.

 

 

Weitere 70 Kilometer nördlich kommt der Wanderer nach Cáceres, ein Kleinod mittelalterlicher Städteplanung. Seit 1986 zum Weltkulturerbe gehörend, präsentiert sich die vorbildlich restaurierte Altstadt wie ein einziges großes Freilichtmuseum.

Doch auch dieses Übermaß an Kultur kann den Pilger nicht davon abhalten, seine Schritte erneut in einsamere Gefilde zu lenken.

Und so bringen die folgenden sieben Tage mit ihren etwas mehr als 200 Kilometern wieder Ruhe auf schier endlosen und immer geradeaus führenden Schotterwegen.

Die Zeit verliert in dieser Weite an Bedeutung, wird sehr relativ. Man nimmt sich Zeit zum Nachdenken, zum Rasten, Schauen, Staunen. Und man kann sich diese Zeit nehmen, denn sie ist einfach da.

 

Vorbei an bereits von den Römern angelegten Stauseen, durch herrlich duftende Kiefernwälder, kleinste Weiler und riesige Felder führt die Via de la Plata nach Salamanca, Spaniens ältester und erster Universitätsstadt.

Rund 480 Kilometer Fußweg liegen nun schon hinter dem Wanderer, die Hälfte des Weges ist somit geschafft!

Und so lädt Salamanca dazu ein, einen Tag Ruhepause einzulegen und die vielen prachtvollen Plätze und Gebäude (nicht zu vergessen die Kathedrale) anzuschauen, gemütlich irgendwo einen Kaffee oder ein Glas Wein zu trinken und vielleicht ein paar Ansichtskarten nach Hause zu schicken.

 

 

Die nächste Stadt, die den Pilger aufnimmt ist Zamora, das nach rund 60 Kilometern erreicht wird.

Zamora wird als "lebendes Museum der Romanik" bezeichnet, und neben der Kathedrale unterstreichen weitere rund 20 Kirchen, dass die Stadt am Duero diesen Beinamen zu Recht trägt.

 

Flache, weite Horizonte prägen in den folgenden Tagen das Bild, wenn der Wanderer durch die Tierra de Pan (das Brotland) geht.

Hier und in der sich anschließenden Tierra de Barros (dem Lehmland) spürt man die eigene Winzigkeit im großen Spiel des Lebens besonders drastisch.

 

 

Der bisweilen sehr kräftige Wind und die tiefgestaffelten Wolken am endlosen Himmel zeigen ein großartiges Schauspiel und vermitteln einen Eindruck davon, wie schnell sich alles ändern kann.

Und wie unerwünscht der Mensch manchmal sein kann, führt einem die Meseta vor Augen, wenn der Sturm den Regen waagerecht vor sich her treibt und alles bis auf die Knochen durchnässt, was sich ihm in den Weg stellt!

Selten ist eine Herberge willkommener als am Ende eines Regentages in der Meseta!

 

 

Was die Herbergen an der Via de la Plata angeht, so muss man sagen, dass sie erstens viel weiter auseinander liegen als auf dem Camino Francés, und zweitens leider recht häufig geschlossen sind. Man muss also mitunter auf Hostales (Pensionen) oder gar Hotels ausweichen, was die Kosten einer solchen Wanderung kräftig in die Höhe treiben kann.

 

 

In Granja de Moreruela verlässt man dann die Originalroute der Via de la Plata und wendet sich nach Westen, Santiago de Compostela entgegen.

Das baumlose Hügelland geht langsam in bewaldetes Bergland über; das Gegen-den-Wind-Laufen wird durch ein über-die-Berge-Steigen ersetzt.

Auch die Architektur zeigt sich wieder einmal verändert. Waren es in Andalusien weiß gekalkte Gebäude, in der Extremadura und in Kastilien/León oft sogar noch unverputzte Adobebauten, so erinnern die Häuser in Galicien nun eher an die Gebirgsdörfer in der Schweiz.

Naturstein und Fachwerk wollen irgendwie nicht in das geläufige Bild passen, das man hierzulande von Spanien hat.

 

Und in der Tat wollen die Menschen in Galicien - ähnlich wie im Baskenland oder in Katalonien- nicht mit dem "Rest" der Spanier gleichgesetzt werden. Sie unterscheiden sich sowohl in Sprache (man spricht Gallego) alsauch in Kultur und selbst im Aussehen deutlich von den Kastiliern oder gar von den "heißblütigen" Andalusiern.

Galicien ist Keltenland, und der häufige Regen, der Dudelsack in der dortigen Musik oder die allgegenwärtigen Hexenfiguren rücken dieses Land und seine Menschen eher in die Nähe zu Irland, als in die zu Spanien.

 

 

Viele kleine und kleinste Ortschaften säumen in den folgenden zwei Wochen den teilweise beschwerlichen Weg. Die Weiten der vergangenen Etappen sind vergessen, die Strecke verläuft über viele Kilometer auf asphaltierten Strassen durch enge Täler und über Pässe.

Der Regen tut sein Übriges dazu, dass man das Ende der Pilgerreise immer stärker herbeisehnt.

 

 

Und dann ist es endlich und tatsächlich soweit: die Türme der weltberühmten Kathedrale von Santiago de Compostela, der Grablege St. Jakobus' auf dem Sternenfeld ist erreicht!

 

Unmengen von Pilgern bevölkern die Hauptstadt Galiciens und verwandeln die engen Gassen der Altstadt in einen Ameisenhaufen.

 

In der Kathedrale stehen Menschen aus aller Herren Länder Schlange, um sich mit dem Stempel in ihrem Credenciál die Vergebung ihrer Sünden, den Ablass bescheinigen zu lassen.

Souvenirläden an jeder Ecke, in welchen man neben Jakobsmuscheln oder Pilgerstäben allerlei Hexenfiguren, T-Shirts mit keltischen Motiven und sonstige lokale Spezialitäten kaufen kann, sind ebenso überfüllt wie Cafés, Restaurants und Tapas-Bars.

 

Was für ein Riesenunterschied zur Abgeschiedenheit fast verlassener Dörfer, menschenleerer Gegenden und all der sagenhaften Natur auf dem Weg hierher!

Und tatsächlich ist dieses Markttreiben manchem Pilger denn doch zuviel, und er flieht wieder hinaus in die Einsamkeit.

Wer noch Kräfte aufbringen kann oder einfach noch nicht genug vom Wandern hat, der setzt den Weg bis nach Fisterra, dem "Ende der  Welt" fort.

Knapp 90 Kilometer westlich von Santiago erreicht man diesen sagenhaften Ort am Atlantik, an welchem bereits die Kelten das Ende der Welt vermuteten.

Und es gibt wirklich kaum etwas Schöneres, als vom Leuchtturm aus einen Sonnenuntergang über dem offenen Meer zu betrachten.

Viele Pilger verbrennen hier einen Teil ihrer hunderte von Kilometern getragenen Kleidung als Symbol, etwas Altes beendet zu haben und etwas Neues zu beginnen.

 

Was bleibt nach rund 1000 Kilometern zu Fuß durch Spanien?

Was nimmt man mit nach Hause, was lässt man zurück?

Hängen bleiben Eindrücke, wie das freundliche Lächeln einer zahnlosen Greisin am Weg, das "Buen Camino!" eines Kindes - und der befreiende Anblick des Meeres am Ende dieser Reise!

Cabo Fisterra - Blick vom "Ende der Welt" in Richtung Westen.
Cabo Fisterra - Blick vom "Ende der Welt" in Richtung Westen.

Finisterre - Muxía : Vom Ende der Welt noch ein Stückchen weiter.

Eine Tagesreise, das bedeutet rund 40 km nördlich von Finisterre liegt Muxía.

Ein kleiner Fischerort, der durch den Untergang des Öltankers "Prestige" zu traurigem Ruhm gelangte.

Hier war für mich das Ende der Reise erreicht, hier hatte ich das Gefühl, dass das Buch ausgelesen war.

 

Aber wie so oft bei erfolgreichen Büchern, so wird es auch hier eine Fortsetzung geben: Den Camino Levantino von Valencia über Toledo, Ávila, Médina bis zur Via de la Plata bei Zamora - und von dort weiter über Santiago d. C. , Finisterre wieder bis nach Muxía.

1200 km.

2009 oder 2010!

Hasta Luego!

Muxía - Virgen de la Barca. Mein persönliches "Ende der Welt".
Muxía - Virgen de la Barca. Mein persönliches "Ende der Welt".

Hier noch ein Video von der "Virgen de la Barca":

 http://www.descubregalicia.com​/ver.php?var=muxiavistaiglesia